Cäcilie Philippine Felicitas Lallement

NAMENLOSE GRABSTELE ERINNERT AN EINE TRAGISCHE LIEBE

Auf dem Friedhof um die Berger Kirche steht eine Stele, die eine Geschichte über eine Tote, deren Namen sie verschweigt, erzählen kann:


Decedée Sur la terre etrangère le 24, septembre 1852 a l'age de 27 ans
(Verschieden auf fremder Erde am 24. September 1852 im Alter von 27 Jahren.)


Friedhof

Wer war die anonym beerdigte junge Frau?


Sie hieß Philippina Cecilie Felicitas Lallement und war am 18. Dezember 1824 in Namur, Belgien, als Tochter sehr wohlhabender und angesehener Eltern geboren. Ihr Vater war Mathematikprofessor, und ihre große Liebe galt Josef Poulet. Der Sohn eines Schuhmachermeisters war am 18. Mai 1816 ebenfalls in Namur geboren und ein geweihter Priester in Florix.

Josef und Philippine hatten sich so verliebt, dass der junge Priester sich vom kirchlichen Gelübde entbinden ließ. Hierdurch wurde auch ihr Ruf und der ihrer Eltern geschädigt. Um Gerede und Spott zu entgehen, floh das Paar zunächst nach Weilburg an der Lahn. Hier wurde am 25. September 1849 ihr Sohn Franz Laurentius Josef Lallement geboren. Auch wenn Josef sich sogleich zu seinem ersten Sohn bekannte, kamen sie erneut ins Gerede und konnten nicht länger bleiben. Nach reiflicher Überlegung wechselten sie ihren Wohnsitz und zogen nach Dauborn, das als tolerant, liberal und sehr wohlhabend bekannt war. Josef Poulet fand Arbeit als Lehrer für die französische Sprache beim Institut Fellernarium. Dieses Institut hatte der evangelische Dauborner Pfarrer Friedrich W. Ch. Feller (1850 bis 1866) im Pfarrhaus gegründet, um Volksschüler für das Gymnasium (Sekundarstufe) vorzubereiten. Das Institut hatte bis zu 30 Schüler, auch Mädchen, was damals keineswegs allgemein üblich war. Bis zu zwölf Schüler waren im Pfarrhaus untergebracht. In Dauborn verstarb bereits mit sieben Monaten der erste Sohn Franz Laurentius am 6. April 1850.

Josef Poulet und Philippine Lallement wollten für immer ein gemeinsames Leben in einer von Amts wegen genehmigten Form führen. Deshalb kehrten sie noch einmal nach Belgien zurück. Am 27. Mai 1850 heirateten sie in Gent und kehrten als rechtmäßige Eheleute nach Dauborn zurück. Hier kauften sie das Haus eines Juden, Laistraße 20, das sie bewohnten. Dieses Haus steht heute noch, allerdings mit mehreren Um- und Anbauten zu einer Metzgerei und Gastwirtschaft, »Zum Adler«.

Am 20. April 1851 kam ihr zweiter Sohn Josef in Dauborn zur Welt. Seine Paten waren Dr. med. Noetershausen aus Niederselters und Katharina Stahl aus Dauborn, beide katholisch. Die Eltern waren glücklich. Sie hatten ein Haus, Arbeit, einen Sohn und waren beliebt im Ort. Dieses große Glück dauerte aber nur zwei Jahre. Bereits am 24. September 1852 starb Philippine Poulet im Alter von nur 27 Jahren und wurde auf dem Friedhof bei der Berger Kirche beerdigt. Die Kinder, die dem Leichenzug gefolgt waren, bekamen jedes einen Weck (Reihenweck) geschenkt.

Witwer Poulet zog später mit seinem Sohn Josef nach Wiesbaden, wo er als Hauslehrer für französische Sprache tätig blieb. Um in die katholische Kirche wieder zurückkehren zu können, ging er nach Chile. Am 20. Juni 1880 ist er in Conception gestorben und auch dort begraben worden.

Sein Sohn Josef gründete in Wiesbaden, Kirchgasse 53, ein Textil- und Miederwarengeschäft, das noch bis 2008 sein Enkel Dieter J. Poulet weiterführte. Die Pflege wird auch weitergeschehen*, denn die Familie Poulet hat 1939 mit der Gemeinde Brechen und dem Kirchenvorstand in Werschau einen Vertrag geschlossen, dass das Grab für die Zeit des Bestehens des Friedhofes bei der Berger Kirche bestehen bleiben kann.


Author Josef Kramm † 2004;


* Aktuell wird das Grab vom Verein Freundeskreis Berger Kirche gepflegt.